Wie aus dem Stabilbaukasten: Rhed Thiemig baut in Oschersleben Aufzugsschachtgerüste.
Handwerkskammer Magdeburg
Wie aus dem Stabilbaukasten: Rhed Thiemig baut in Oschersleben Aufzugsschachtgerüste.

In guten wie in schlechten Zeiten

Eine schwere Krankheit kann jeden treffen. Dann geht es nicht nur dem Kranken schlecht. Auch die Angehörigen leiden mit und müssen neue Aufgaben bewältigen. Der Geschäftsführer der Liftbau Oschersleben GmbH zeigt großes Verständnis für solche Situationen und hat deshalb in den vergangenen Monaten einen Mitarbeiter, dessen Frau schwer erkrankte, von der Montagetätigkeit entbunden und nach Bedarf freigestellt. „Ich denke in dieser Lage nur an den Menschen, nicht an die Arbeitsleistung“, sagt Rhed Thiemig, nachdem die Ehefrau bei der Handwerkskammer angerufen und sich offiziell dafür bedankt hatte.

Auch der Hinweis, dass nicht alle Chefs so agieren würden, holt Rhed Thiemig nicht aus der Reserve. „Ich versuche, mich in die Lage meiner Mitarbeiter zu versetzen. Zu den emotionalen Problemen sollen nicht auch noch berufliche kommen. Da muss man dem Menschen den Rücken freihalten, das ist für mich selbstverständlich“, sagt er. Typisch Handwerk eben!

Verantwortung für eigene Mitarbeiter übernimmt der 59-Jährige schon seit 20 Jahren. Kurz vor der Wende aus dem heimatlichen Bad Schmiedeberg in den Westen geflohen, findet der studierte Konstrukteur aus der Fachrichtung Chemieanlagenbau im Frühjahr 1990 eine Stelle als Konstrukteur in einer Firma für Aufzugskabinen im niedersächsischen Schöningen. Dort entwickelt er eine Strategie, mit der sich Aufzugsschachtgerüste gut montieren lassen und macht sich – mit Unterstützung seines Chefs – in Wernigerode selbstständig, zunächst mit einem Ingenieurbüro.

Als im Herbst 1996 ein Großauftrag über drei Schachtgerüste in Berlin ins Haus flattert und dieser sich nicht termingerecht mit Subunternehmen umsetzen lässt, gründet Rhed Thiemig kurzerhand eine eigene Firma, stellt drei Männer ein, lässt sich in Oschersleben nieder und legt los.

Dass der städtische Wirtschaftsförderer zwei Tage später von der Geschäftsidee abrät und ihm nahelegt, sein Gewerbe wieder abzumelden, dient heute als heitere Anekdote. Sein Produkt funktioniert und ist in den 1990er-Jahren sehr lukrativ, weil fast konkurrenzlos. Trotz gewachsener Konkurrenz ist die Liftbau Oschersleben GmbH bis heute gut im Geschäft.

Was da in seiner Werkhalle gefertigt wird, sieht aus wie aus einem überdimensionierten Stabilbaukasten. „Die Komponenten für die Schachtgerüste stellen wir selbst her und montieren und verkleiden sie dann vor Ort mit Glas oder je nach Kundenwunsch mit Blech, Sandwichelementen und Ähnlichem. Durch unser Baukastenprinzip haben wir einen zeitlichen Vorsprung erreicht, der innerhalb kürzester Zeit die komplette Planung, Umsetzung und effektive Implementierung der Lösung beim Kunden vor Ort ermöglicht“, erklärt Thiemig. 25 Mitarbeiter verteilen sich auf das Büro, die Werkhalle und die Montage. Auch ein Auszubildender zum Konstruktionsmechaniker ist mit im Boot. (ag)

Kontakt:
www.liftbau.de

(Veröffentlicht im "Handwerk in Sachsen-Anhalt", Ausgabe 18 vom 07.10.2016)