Insolvenzrecht

Mit der am 1. Januar 1999 in Kraft getretenen Insolvenzordnung sind die bis dahin in den alten Bundesländern geltende Konkurs- und Vergleichsordnung und die in den neuen Bundesländern geltende Gesamtvollstreckungsordnung abgelöst und es gilt bundesweit ein einheitliches Insolvenzrecht.

1. Antrag/Antragsberechtigung

  • Zuständigkeit: Zuständig ist das Insolvenzgericht, in dessen Bezirk der Schuldner/das schuldnerische Unternehmen seinen Sitz hat.Das Insolvenzgericht wird nur auf einen schriftlichen Antrag hin tätig.
  • Eigenantrag des Schuldners: Bei Personengesellschaften (GbR, OHG, KG) ist jeder persönlich haftender Gesellschafter allein antragsberechtigt. Bei juristischen Personen (GmbH, AG) und der GmbH & Co.KG sind Geschäftsführer und Vorstand verpflichtet den Antrag ohne schuldhaftes Zögern höchstens jedoch drei Wochen nach Vorliegen des Insolvenzgrundes zustellen. Nach einer neueren Entscheidung des Bundesgerichtshofs darf die gesetzliche Drei-Wochen-Frist zur Stellung des Insolvenzantrages nur ausgenutzt werden, wenn begründete Sanierungsaussicht besteht.
  • Gläubigerantrag: Der Antrag eines Gläubigers setzt dessen rechtliches Interesse an der Durchführung eines Insolvenzverfahrens voraus. Hierzu muss er seine Forderung und das Bestehen eines Insolvenzgrundes glaubhaft machen. Bei Gläubigeranträgen ist jedoch Vorsicht geboten. Wenn sich im Insolvenzverfahren herausstellt, dass ein Insolvenzgrund nicht vorliegt, kann dies zu Schadenersatzansprüchen führen. Gläubigeranträge werden meist von Finanzämtern oder den Krankenkassen gestellt.
  • Antrag auf Restschuldbefreiung/Verfahrenskostenstundung: Restschuldbefreiung kann jede natürliche Person, sei es nach Durchführung eines Regelinsolvenz- oder Verbraucherinsolvenzverfahrens beantragen und erlangen. Ist es dem Antrag stellenden Schuldner nicht möglich, die erforderlichen Verfahrenskosten aufzubringen, kann er auf besonderen Antrag eine Stundung der Kosten verlangen. Voraussetzung ist, dass der Schuldner auch einen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt hat und sein Vermögen voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die Kosten des Insolvenzverfahrens zu decken.

2. Insolvenzgründe

  • Drohende Zahlungsunfähigkeit: Ein Schuldner droht zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die wesentlichen Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. Drohende Zahlungsunfähigkeit ist nur Insolvenzgrund bei einem Eigenantrag des Schuldners.
  • Zahlungsunfähigkeit: Ein Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen.
  • Überschuldung: (juristische Personen, zum Beispiel GmbH) Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. (neu: § 19 Abs. 2 Inso auf Grund des Finanzmarktstabilisierungsgesetz – FMStG)

3. Das Insolvenzeröffnungsverfahren

  • Sicherungsmaßnahmen: Das Gericht setzt nach zulässiger Antragstellung einen Gutachter ein, der überprüft, ob der Insolvenzeröffnungsgrund tatsächlich vorliegt und ob das vorhandene Vermögen ausreicht, die Verfahrenskosten zu decken. Um in der Phase zwischen Antragstellung bis zur Entscheidung, ob das Verfahren eröffnet werden soll oder nicht, nachteilige Veränderungen des schuldnerischen Vermögens zu vermeiden, kann das Gericht vorläufige Sicherungsmaßnahmen anordnen. Vorläufige Sicherungsmaßnahmen sind zum Beispiel die vorläufige Insolvenzverwaltung, ein allgemeines oder spezielles Verfügungsverbot oder die Beschlagnahme einzelner Vermögenswerte usw.
  • Abweisung mangels Masse: Wenn sich bei diesen Ermittlungen herausstellt, dass das Vermögen des Schuldners nicht ausreicht, um die Kosten des Gerichts und des Verwalters zu decken, wird der Antrag mangels Masse abgewiesen. Die Abweisung mangels Masse unterbleibt, wenn ein ausreichender Vorschuss gezahlt wird oder bei natürlichen Personen eine Stundung der Verfahrenskosten gewährt wird.

4. Verfahren nach Eröffnung

Eröffnungsbeschluss

Bei Verfahrenseröffnung wird im Eröffnungsbeschluss folgendes aufgeführt:

  • Firma oder Name einschließlich Vorname des Schuldners, dazu der Geschäftszweig, gewerbliche Niederlassung (Firmensitz) oder Wohnung des Schuldners,
  • Name und Anschrift des Insolvenzverwalters,
  • Tag der Eröffnung,
  • die Frist, in der die Gläubiger ihre Forderungen beim Verwalter anmelden können,
  • eine Aufforderung an die Gläubiger, dem Verwalter bestehende Sicherungsrechte an Vermögensgegenständen des Schuldners unter Angabe des Grundes und der Forderung anzuzeigen,
  • eine Aufforderung an die Schuldner des Schuldners (Debitoren) nicht mehr an den Schuldner, sondern nur noch an den Verwalter zu leisten,
  • Tag der ersten Gläubigerversammlung (Berichtstermin),
  • Tag des Prüfungstermins,
  • Berichts- und Prüfungstermin können zusammengelegt werden.
Weiterer Ablauf des Insolvenzverfahrens
  • Durchführung des Berichtstermins/Prüfungstermins,
  • Verwertung der Insolvenzmasse oder Sanierung des Unternehmens durch einen Insolvenzplan,
  • Aufstellung des Schlussverzeichnisses zur Ermittlung der an die Gläubiger auszuzahlenden Beträge,
  • Durchführung des Schlusstermins.

5. Restschuldbefreiung (natürliche Personen)

Um von denen nach der Durchführung des Insolvenzverfahrens noch vorhandenen Schulden befreit zu werden, muss der Schuldner, der eine natürliche Person ist, einen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt haben. Im Schlusstermin werden der Verwalter und die Gläubiger zum Antrag auf Restschuldbefreiung angehört.

Beantragt ein Insolvenzgläubiger die Versagung der Restschuldbefreiung, so muss das Gericht diesem Antrag folgen, wenn ein Versagungsgrund glaubhaft gemacht wird. Während der sechsjährigen Wohlverhaltensperiode, die mit der Eröffnung des jeweiligen Insolvenzverfahrens beginnt, ist der Schuldner verpflichtet:

  • die pfändbaren Bezüge aus Arbeitseinkommen oder entsprechende laufende Bezüge an den bestellten Treuhänder abzuführen,
  • eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben,
  • bei Arbeitslosigkeit sich um eine zumutbare Tätigkeit zu bemühen,
  • umgehend jeden Wechsel des Wohnsitzes oder der Beschäftigungsstelle anzuzeigen,
  • keinem Insolvenzgläubiger einen Sondervorteil vor den anderen zu verschaffen.

Die Restschuldbefreiung kann zum Beispiel versagt werden bei rechtskräftiger Verurteilung wegen einer Straftat oder der Verletzung von Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten während des Verfahrens.

6. Abgrenzung Regelinsolvenz-/Verbraucherinsolvenzverfahren

Personen, die

  • nicht selbstständig tätig sind und keine Schulden aus einer früheren Selbständigkeit haben oder
  • Schuldner aus einer früheren Selbständigkeit, höchstens 19 Gläubiger und keine Verbindlichkeiten aus früheren Arbeitsverhältnissen haben

fallen in den Bereich des sogenannten Verbraucherinsolvenzverfahrens und müssen unter Hinzuziehung einer anerkannten Schuldnerberatungsstelle oder eines Rechtsanwalts einen außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuch unternehmen, bevor ein Antrag beim Insolvenzgericht gestellt werden kann.

Personen, die

  • selbstständig tätig sind oder
  • Schulden aus einer früheren Selbständigkeit haben und die mindesten 20 Gläubiger haben oder gegen die Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen

fallen seit dem 1. Dezember 2001 unter das Regelinsolvenzverfahren. Außergerichtliches- und gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren entfallen.

Peter Schrank

Abteilungsleiter Rechtsangelegenheiten/ Handwerksrolle

Tel. 0391 6268-303

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