Dirk Dornblüth
Denny Gille

Kleine Rädchen, großer Wurf

150 Einzelteile, handgefertigt auf alten Maschinen. Die Uhren von D. Dornblüth & Sohn kommen aus der Provinz, doch getragen werden sie in der ganzen Welt.

Edelstahl, Messing, Gold. Wenn diese Metalle bei Dirk Dornblüth eintreffen, sind sie nur unbearbeiteter Rohstoff. Doch ein paar Wochen später verlassen sie das Unternehmen im Norden Sachsen-Anhalts als edle Armbanduhren. Mit sieben Mitarbeitern fertigt Uhrmachermeister Dirk Dornblüth Uhren nach eigenem Design, mit eigenem Uhrwerk und verschickt sie zu Kunden quer durch Deutschland, Europa und in die ganze Welt.

So viel Internationalität würde man in dem Betrieb auf den ersten Blick gar nicht vermuten. Denn der Unternehmensstandort von D. Dornblüth & Sohn ist eher provinziell: ein zweigeschossiges Doppelhaus im 8000-Seelen-Ort Kalbe Milde, weit im Norden von Magdeburg. Kein Schild weist auf die Firma hin, dafür tickt eine Dornblüth-Uhr im Kirchturmformat an der Fassade.

2002 wurde hier die erste Uhr aus eigener Produktion verkauft. Auslöser war der 60ste Geburtstag des Vaters, Dieter Dornblüth. „Ich habe ihm eine Uhr geschenkt und da kamen wir ins Gespräch. Mein Vater spielte schon lange mit dem Gedanken, Uhren komplett selbst herzustellen.“ Also haben die beiden Meister ihr erstes Design ausgetüftelt. Der Uhrmacher wandelte sich vom Reparatur- und Res­taurierungsbetrieb zum Uhrenhersteller. Heute gibt es neun Kollektionen. „Jede Uhr besteht aus 150 bis 170 Einzelteilen“, erzählt Dirk Dornblüth.

Je nach Modell stellt das Unternehmen 60 bis 95 Prozent der Teile selbst her. Das kommt beim Kunden gut an, hat aber nicht nur romantische Gründe, wie der Unternehmer erklärt. Es sei auch eine Reaktion auf Marktveränderungen. „Die großen Uhrenhersteller kaufen immer mehr Zulieferer auf“, sagt Dirk Dornblüth.

Darauf hat sich der Betrieb eingestellt; mit Hilfe von mehreren Dutzend Maschinen – traditionelle Geräte, die schon Jahrzehnte im Einsatz waren, von ihrer Präzision aber nichts eingebüßt haben. Mit ihnen drehen, bohren und schleifen die Mitarbeiter die filigranen Einzelteile der Uhren aus den Rohstoffblöcken. In Handarbeit entstehen so Schrauben, Rädchen, Gehäuseteile und am Ende jeden Monat zehn bis 15 Uhren. Die komplexesten Modelle haben eine Fertigungszeit von zehn Tagen – dabei entfällt ein Arbeitstag allein auf die Montage. Zwischen 3500 und 10 000 Euro kostet eine Dornblüth-Uhr. Und die Nachfrage ist hoch, trotz des großen Wettbewerbs. Auf diese Leistung ist Dornblüth besonders stolz: „Wir sind ein kleiner Betrieb, der es schafft, am gro­ßen Rad mitzudrehen.“

Die individuelle Fertigung erlaubt es dem Betrieb, auch Sonderwünsche zu bedienen. Einzige Voraussetzung: „Das Resultat muss unseren optischen Ansprüchen an eine Dornblüth-Uhr gerecht werden“, sagt der Meister. So lassen sich Gehäuse, Zeiger und selbst Details am Uhrwerk individuell anpassen.

Für den Chef ist diese Arbeit Leidenschaft. „Am liebsten würde ich nur in der Werkstatt stehen“, sagt der Unternehmer. Das klappt nicht ganz. Aber die Hälfte bis zwei Drittel seiner Zeit kann er der Uhrenherstellung widmen. „Das geht, weil unser Büro top ist.“ Zwei Mitarbeiterinnen kümmern sich um die bürokratischen Fallstricke des internationalen Uhrengeschäfts.

„Ich habe insgesamt ein Spitzen-Team“, lobt Dornblüth. Er legt großen Wert auf eine lockere Arbeits­atmosphäre. Jeden Morgen frühstückt das gesamte Team zusammen. Und wenn sich der Betrieb dieses Jahr personell verstärkt, steht nicht nur fachliches Können im Vordergrund. Es muss auch menschlich passen. „Bei der Personalentscheidung haben meine Mitarbeiter das letzte Wort“, erklärt der Meister. „Das Betriebsklima ist das Wichtigste“, erklärt Dornblüth. Denn Uhrenherstellung braucht Harmonie. Hunderte Arbeitsschritte müssen präzise ineinandergreifen. Wie in einem Uhrwerk. Nur dann läuft der Betrieb rund. (dg)