Pflegezeitgesetz

Zum 1. Juli 2008 ist das Pflegezeitgesetz (PflegeZG) in Kraft getreten. Das Gesetz ermöglicht es Beschäftigten, kurzfristig der Arbeit fern zu bleiben, um die Pflege naher Angehöriger zu organisieren (kurzzeitige Arbeitsverhinderung). Darüber hinaus wird Ihnen ein Anspruch auf Freistellung von der Arbeitsleistung für bis zu sechs Monate eingeräumt, wenn sie deren häusliche Pflege übernehmen (Pflegezeit). Mit einem Sonderkündigungsschutz sind die neuen Freistellungsansprüche der Beschäftigten abgesichert.

1. Wer kann es in Anspruch nehmen?

Die Rechte nach dem PflegeZG kommen allen Beschäftigten im Sinne dieses Gesetzes zugute. Dazu zählen Arbeitnehmer, die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten (zum Beispiel Auszubildende, Praktikanten), arbeitnehmerähnliche Personen, Heimarbeiter usw. Die Beschäftigten können Ihre Rechte aus dem PflegeZG bereits ab dem ersten Beschäftigungstag geltend machen. Eine Wartezeit ist nicht vorgesehen.

Die Regelungen des PflegeZG erfassen alle Arbeitgeber unabhängig von der Unternehmensgröße. Eine Einschränkung gibt es jedoch hinsichtlich des Anspruchs auf Pflegezeit. Dieser findet nur Anwendung gegenüber Arbeitgebern mit regelmäßig mehr als 15 Beschäftigten. Bei der Berechnung der Beschäftigtenanzahl sind alle Beschäftigten unabhängig von ihrem Arbeitszeitumfang mitzuzählen.

2. Freistellungsansprüche

Für die von einem familiären Pflegefall betroffenen Beschäftigten sieht das PflegeZG zwei unterschiedliche Freistellungsansprüche vor.

Kurzzeitige Arbeitsverhinderung

Unabhängig von der Unternehmensgröße ist der Beschäftigte berechtigt, der Arbeit kurzfristig bis zu zehn Arbeitstage fernzubleiben, wenn

  • ein naher Angehöriger pflegebedürftig ist oder voraussichtlich wird,
  • die Pflegesituation akut eintritt und
  • das Fernbleiben von der Arbeit erforderlich ist, um eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren oder eine pflegerische Versorgung in dieser Zeit sicherzustellen.

Die Grundlage dieses Freistellungsanspruchs des Beschäftigten bildet die Pflegebedürftigkeit eines nahen Angehörigen, wobei hinsichtlich der Pflegebedürftigkeit alle drei Pflegestufen nach dem Pflegeversicherungsrecht erfasst werden.

Der Kreis der nahen Angehörigen ist im Gesetz abschließend festgelegt. Er umfasst Großeltern, Eltern, Schwiegereltern, Geschwister, Ehegatten oder Kinder, Adoptiv- und Pflegekinder des Ehegatten oder Lebenspartners sowie die Enkel- und Schwiegerkinder.

Der Beschäftigte muss seinem Arbeitgeber die Verhinderung und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitteilen. Die Mitteilung bedarf keiner besonderen Form. Sie kann auch mündlich erfolgen. Um die Rechtmäßigkeit des Fernbleibens überprüfen zu können, kann der Arbeitgeber vom Beschäftigten eine ärztliche Bescheinigung über die Pflegebedürftigkeit des nahen Angehörigen sowie die Notwendigkeit der pflegerischen Versorgung verlangen.

Pflegezeit

Der Beschäftigte hat gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf vollständige oder teilweise Freistellung von der Arbeitsleistung für maximal bis zu sechs Monate. Das setzt voraus, dass

  • sein Arbeitgeber regelmäßig mehr als 15 Beschäftigte hat,
  • der Beschäftigte diesen in häuslicher Umgebung pflegt und
  • er die beabsichtigte Pflegezeit spätestens zehn Arbeitstage vor deren Beginn schriftlich ankündigt.

Möchte der Beschäftigte die vollständige Freistellung, hat er dem Arbeitgeber den Zeitraum der gewünschten Pflegezeit mitzuteilen. Der Arbeitgeber kann diese Freistellung nicht verweigern. Will der Beschäftigte seine Arbeitszeit nur reduzieren, muss er dem Arbeitgeber auch die gewünschte Dauer und Verteilung der Arbeitszeit mitteilen.

Der Arbeitgeber hat der Reduzierung zu entsprechen, es sei denn, er kann dieser dringende betriebliche Gründe entgegenhalten. Über die Arbeitszeitreduzierung ist eine schriftliche Vereinbarung zu treffen. Die Verlängerung beziehungsweise die Verkürzung der Pflegezeit innerhalb der Höchstdauer von sechs Monaten bedarf der Zustimmung des Arbeitgebers.

Ausnahmefälle

Eine zustimmungsfreie Verlängerung der Pflegezeit ist nur möglich, wenn ein vorgesehener Wechsel in der Person des Pflegenden aus wichtigem Grund nicht erfolgen kann. Dagegen ist eine vorzeitige Beendigung der Pflegezeit nur dann zustimmungsfrei, wenn der nahe Angehörige nicht mehr pflegebedürftig oder die Pflege unmöglich oder unzumutbar ist. Hier endet die Pflegezeit automatisch vier Wochen nach dem Eintritt der veränderten Umstände. Über die veränderten Umstände hat der Beschäftigte den Arbeitgeber unverzüglich zu informieren.

Der Beschäftigte kann für jeden pflegebedürftigen nahen Angehörigen zeitlich aufeinander folgende Pflegezeiten nehmen. Dies gilt selbst dann, wenn er sich die Pflege mit einer anderen Person teilt.

Die Pflegezeit kann auch zeitlich unmittelbar nach einer kurzzeitigen Arbeitsverhinderung beansprucht werden. Die Pflegebedürftigkeit des nahen Angehörigen hat der Beschäftigte dem Arbeitgeber durch Vorlage einer Bescheinigung, etwa seitens der Pflegekasse, nachzuweisen. Eine anteilige Kürzung des Urlaubsanspruchs für die Dauer der Pflegezeit sieht das Pflegezeitgesetz nicht vor. Somit kann lediglich für den Urlaub, der über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgeht, eine Kürzungsmöglichkeit im Arbeits- oder Tarifvertrag vereinbart werden.

Die Pflegezeit ist auf Berufsausbildungszeiten nicht anzurechnen. Ein pflegender Auszubildender hat daher Anspruch auf eine entsprechende Verlängerung der Ausbildungszeit.

3. Entgeltfortzahlung

Das PflegeZG sieht keinen Anspruch des Beschäftigten auf Entgeltfortzahlung für die Dauer der Pflegezeit vor. Bei der kurzfristigen Arbeitsverhinderung (bis zu zehn Arbeitstagen) hingegen kann sich, ähnlich wie bei der Betreuung erkrankter Kinder, gegebenenfalls ein Entgeltfortzahlungsanspruch aus § 616 BGB ergeben. Dieser Anspruch kann jedoch im Arbeitsvertrag oder durch einen Tarifvertrag ausgeschlossen werden. Dies gilt allerdings nicht bei Auszubildenden (vgl. § 19 Abs. 1 Nr. 2v Berufsbildungsgesetz).

4. Befristete Ersatzeinstellung

Der Arbeitgeber kann zur Vertretung des pflegenden Beschäftigten, der wegen kurzzeitiger Arbeitsverhinderung oder Pflegezeit ausfällt, befristet einen anderen Arbeitnehmer einstellen. Das PflegeZG sieht in dem Ausfall des Beschäftigten einen sachlichen Befristungsgrund. Bei vorzeitiger Beendigung der Pflegezeit kann der Arbeitgeber das befristete Arbeitsverhältnis der Ersatzkraft mit einer Frist von zwei Wochen kündigen. Das PflegeZG weist darauf hin, dass in einem solchen Fall das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar ist.

Die zweiwöchige Kündigungsfrist ist im befristeten Arbeitsvertrag aufzunehmen, da dieser andernfalls nur außerordentlich kündbar ist. Tarifvertragliche Besonderheiten sind zu beachten.

5. Sonderkündigungsschutz

Der Arbeitgeber darf das Beschäftigungsverhältnis des pflegenden Beschäftigten ab dem Zeitpunkt der Ankündigung bis zur Beendigung der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung beziehungsweise der Pflegezeit nicht kündigen. Der Beschäftigte genießt in dieser Zeit besonderen Kündigungsschutz und zwar bereits dann, wenn er eine pflegebedingte Arbeitszeitreduzierung in nur geringem Umfang begehrt - und seien es nur 15 Minuten täglich. Der Arbeitgeber kann das Arbeitsverhältnis des pflegenden Beschäftigten in dieser Zeit nur nach erfolgter Zustimmung der für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle kündigen.

Durch das Kündigungsverbot bleiben andere Beendigungstatbestände, wie etwa die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses mittels Aufhebungsvertrag oder Befristungsablauf, unberührt. So endet beispielsweise ein befristetes Beschäftigungsverhältnis mit Ablauf des vereinbarten Datums, obwohl sich der Beschäftigte zu diesem Zeitpunkt in Pflegezeit befindet.

Peter Schrank

Abteilungsleiter Rechtsangelegenheiten/ Handwerksrolle

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