Europawahl 2019
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Handwerk prüft Europakandidaten in WahlforumEuropawahl 2019 - Wahlprüfsteine des Handwerks

Handwerkskammer ruft zur Teilnahme an der Europawahl auf

"Der Mauerfall vor genau 30 Jahren und die damit verbundenen Umbrüche in Deutschland und Europa brachten Freiheit, die wir in Sachsen-Anhalt heute sehr zu schätzen wissen", betont Burghard Grupe, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Magdeburg. Ebenso bedeutsam sei der Frieden in Europa.

"Die Wirtschaft profitiert von der EU: offene Grenzen, Wegfall der Zölle, einheitliche Währung, teilweise einheitliches Recht", erklärt Grupe. Aber es ginge noch um viel mehr: Außen- und Sicherheitspolitik, Klima- und Umweltschutz, Kampf gegen Kriminalität und Terrorismus, Stärkung der Menschenrechte.

Für den Erfolg Europas ist nach Einschätzung des Hauptgeschäftsführers die kommende Legislaturperiode von Bedeutung. Dabei gelte es, die Bürger mitzunehmen. "Informationen über das Wirken Europas in unserem Bundesland sind entscheidend dafür, eine überzeugte Wahl für Europa treffen zu können", sagt Grupe.

Wahlprüfsteine des Handwerks

Handwerksstrukturen stärken – Handwerkskultur erhalten!

In Sachsen-Anhalt gibt es über 26.000 Handwerksbetriebe mit rund 140.000 Mitarbeitern sowie etwa 7300 Lehrlingen. Die zumeist kleinen und mittleren Handwerksbetriebe sind Garant für die Fachkräfteausbildung, sichern die Beschäftigung vor Ort und finanzieren die Kommunen. Damit ist das Handwerk einer der wichtigsten regionalen Träger der Wirtschaft, Arbeitgeber, Steuerzahler und Ausbilder. Deshalb fordert das Handwerk, Gehör auf allen Politikfeldern zu finden.

Um dem Handwerk in Sachsen-Anhalt eine gute Zukunft zu sichern, fordert der Handwerkstag Sachsen-Anhalt:

1. Image der Europäischen Union (EU) durch Beschränkung auf das Wesentliche verbessern!

Die EU wird in der Bevölkerung und der Wirtschaft häufig als schwerfällig, bürokratisch und realitätsfern wahrgenommen. EU-Organisationen und -strukturen müssen auf die Bedürfnisse der Einwohner und der Unternehmen ausgerichtet sein. Für das Handwerk heißt das: Wir brauchen vor allem stabile Rahmenbedingungen. "Groß im Großen, klein im Kleinen" - nach diesem Grundsatz gilt es, das Prinzip der Subsidiarität endlich mit Leben zu füllen.

2. EU-Strukturfondsgelder effektiver nutzen!

Sachsen-Anhalt hat in den vergangenen knapp dreißig Jahren von Fördergeldern profitieren können. Derzeit wird die neue Förderperiode der EU-Strukturfonds 2021-2027 vorbereitet. Sachsen-Anhalt wird wahrscheinlich deutlich weniger Geld als bisher erhalten. Umso wichtiger ist es, klare und realistisch umsetzbare Förderziele zu formulieren. Zudem sind komplizierte Antrags- und Abrechnungsverfahren bei Förderungen zu vereinfachen. Beispiele sind Vereinfachungen bei geringen Förderbeträgen, bei vorzeitigem Maßnahmebeginn und der Abrechnung sowie die Möglichkeit von mittelbaren Förderungen über KMU-Organisationen. Dem Problem des mangelhaften Mittelabrufs kann so begegnet werden.

3. Die Wettbewerbsfähigkeit von kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) stärken!

Die KMU-Politik der EU ist an den Erfordernissen der Praxis auszurichten. Dem Mittelstand ist die seiner Bedeutung gemäße Aufmerksamkeit zu widmen. Die spezifischen Bedürfnisse der KMU müssen in allen Phasen der Politikgestaltung berücksichtigt werden. Beispielsweise müssen bei Liquiditätsquoten sowie Melde- und Offenlegungspflichten für finanzierende Bankinstitute das risikoarme und nichtkomplexe Geschäftsmodell von KMU berücksichtigt werden. Datenschutzrechtliche Anforderungen müssen besonders für KMU praxisgerecht ausgestaltet und Rechtsklarheit im Datenschutz geschaffen werden.

Im Verkehrsrecht müssen Handwerksbetriebe von Bürokratie entlastet und z.B. von der Tachografenpflicht befreit werden. Eine Ausdehnung der Maut-Pflicht auf EU-Ebene benachteiligt deutsche Unternehmen massiv. Auch im EU-Verbraucherrecht sind Vereinfachungen dringend notwendig, insbesondere die Vereinfachung und Reduzierung von Informationspflichten für Unternehmer.

4. Binnenmarkt lebt vom Wettbewerb, nicht von Harmonisierung!

Überzogene Harmonisierungsversuche schwächen insbesondere die kleinen und mittleren Betriebe, weil diese meist von regionalen und nationalen Besonderheiten geprägt und an diesen ausgerichtet sind. Für die Unterstützung dieser KMU  auch und gerade im Handwerk sind daher neue Ideen gefragt.

Die Personenfreizügigkeit kann und darf nicht dazu dienen, Lohn- und Sozialdumping einschließlich Schwarzarbeit zu fördern oder nationalstaatliche Qualitätsstandards wie den Meisterbrief zu untergraben. Die Kompetenzverteilung zwischen der EU und den Mitgliedsstaaten in der Arbeits- und Sozialpolitik ist zu achten. Eingriffe in nationale Sozialversicherungssysteme durch die EU sind weder sinnvoll noch zulässig.

5. Sicherung der Fachkräftebasis und Stärkung der dualen beruflichen Bildung!

Deutschland hat eine leistungsfähige und vielseitige Wirtschaft. Eine Grundlage dafür ist die duale Ausbildung, die jungen Menschen Arbeits- und Aufstiegschancen bietet und so gleichzeitig für qualifizierte Fachkräfte sorgt. Der Nachweis von meisterlichen Berufskenntnissen ist Voraussetzung für die hohe Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und das hohe Ausbildungs- und Beschäftigungsniveau. Unternehmensgründung, -übernahme und Betriebsführung sind ohne entsprechende Qualifikation wie dem Meisterbrief vielfach zum Scheitern verurteilt.

Die duale Berufsausbildung – Theorie in der Berufsschule, Praxis im Betrieb – ist ein Erfolgsmodell das als "beste Praxis" zu stärken ist. Die Berufsausbildung im Betrieb gibt es nur, wenn dort Meister oder adäquat ausgebildete Personen entsprechende Fähigkeiten und Fertigkeiten vermitteln können.

6. Umweltpolitik praxisgerecht gestalten!

Die Förderung eines nachhaltigen Wirtschaftens ist richtig, benötigt jedoch Augenmaß. Um nachhaltiges Wirtschaften zu ermöglichen, sollten Anreizsysteme zur weiteren Aktivierung der Innovationskraft von KMU sowie die Direktförderung von Umweltschutz- und Energieeffizienzmaßnahmen bevorzugt werden. Die Umweltpolitik darf nicht zu einem ökonomischen Ballast der Unternehmen werden.

Die auf Mobilität angewiesenen Handwerksbetriebe dürfen nicht durch lokale Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität bestraft werden. Die EU sollte z.B. bei der Frage von Grenzwerten bei Luftschadstoffen für eine einheitliche Umsetzung innerhalb der EU sorgen. Dies ist zur Zeit nicht gewährleistet.

7. Vielfalt der Regionen ist Europas Stärke!

Die Attraktivität Europas besteht in der Vielfalt der Regionen. Diese regionalen Strukturen auch wirtschaftlicher Art müssen gestärkt werden. Besonders für den ländlichen Raum sind regionale Wirtschaftskreisläufe wichtig. Dafür notwendig ist unter anderem der schnelle flächendeckende Ausbau von Breitbandanschlüssen auch mit Unterstützung von EU-Regionalförderung, um das Ausbluten des ländlichen Raums zu verhindern.

Wahlforum zur Europawahl

Der Handwerkstag Sachsen-Anhalt gestaltete gemeinsam mit der Europäischen Bewegung Sachsen-Anhalt e. V. ein Europa-Wahlforum. Alle Handwerker waren eingeladen, sich am 7. Mai 2019 um 15 Uhr im Haus des Handwerks Magdeburg (Gareisstraße 10) ein persönliches Bild von Sachsen-Anhalts Kandidaten zur Europawahl und ihren Schwerpunktthemen zu machen.

Ablauf

  • Begrüßung Uwe Runge (Präsident des Handwerkstages Sachsen-Anhalt) und Gabriele Brakebusch (Präsidentin der Europäischen Bewegung Sachsen-Anhalt e. V. und des Landtages Sachsen-Anhalt)
  • Eingangsstatement Rainer Robra (Chef der Staatskanzlei und Europaminister des Landes Sachsen-Anhalt)
  • Redebeitrag: Richard Breuer (Vertretung des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks bei der Europäischen Union in Brüssel)
  • Podiumsdiskussion mit den Europakandidaten Sven Schulze (CDU Sachsen-Anhalt), Arne Lietz (SPD Sachsen-Anhalt), Guido Kosmehl (FDP Sachsen-Anhalt), Anna Cavazzini (Bündnis 90 / DIE GRÜNEN Sachsen-Anhalt), Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD Sachsen-Anhalt) und dem europapolitischen Sprecher der Landtagsfraktion der Partei DIE LINKE Sachsen-Anhalt, Wulf Gallert

Erfahren Sie hier mehr zu den Ergebnissen des Wahlforums.

Therese Klette-Schrills

Referentin für Volkswirtschaft und Statistik

Tel. 0391 6268-123

Fax 0391 6268-110

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