In der Werkstatt: Werkstattmeister Christian Beck (v.l.), Lehrling Salvador Contelles Gimeno und Geschäftsführer Frank Bögelsack.
Handwerkskammer Magdeburg
In der Werkstatt: Werkstattmeister Christian Beck (v.l.), Lehrling Salvador Contelles Gimeno und Geschäftsführer Frank Bögelsack.

Ein Spanier lernt in Langenstein

In Zeiten sinkender Lehrlingszahlen sind Auszubildende aus dem Ausland ein Potenzial auch für das Handwerk. Tischlermeister Frank Bögelsack aus Halberstadt ist gerade dabei, dieses Potenzial für sich zu erschließen. Er hat einen Lehrling aus Spanien angestellt.

Noch vor zehn Jahren hätte sich Frank Bögelsack keinen ausländischen Auszubildenden in seinem Unternehmen vorstellen können. „Dass wir seit dem 1. August einen jungen Mann aus Spanien in der Lehre haben, ist ein Indiz dafür, in welcher Lage das Handwerk ist“, sagt der Chef einer Möbeltischlerei im Halberstädter Ortsteil Langenstein. Will heißen: Das Handwerk findet nicht mehr genügend brauchbare Lehrlinge aus dem eigenen Land.

Bögelsack, der kontinuierlich ausbildet, könnte ein Buch darüber schreiben: Er hat in den vergangenen sieben Jahren keinen Lehrling bis zur Prüfung durchgebracht, hat alle „unterwegs verloren“, wie er es ausdrückt. Die Gründe aus Sicht der Ex-Azubis: keine Lust, kein Interesse, zu viel Arbeit, zu wenig Freizeit. Was der Chef beobachtet: „Viele Jugendliche entwickeln keinen Ehrgeiz, das Handwerk wirklich zu erlernen, sich reinzufuchsen, vielleicht mal besser zu werden als der Altgeselle, Verantwortung zu übernehmen. Das schafft man nun mal nicht in acht Stunden.“

In Anbetracht dieser vielen Enttäuschungen entschied sich Frank Bögelsack, neue Wege zu gehen - und setzte diese Entscheidung schneller um, als er eigentlich geplant hatte. Einer Anfrage in der Ausbildungsberatung der Handwerkskammer nach einem ausländischen Lehrling folgte innerhalb von Tagen das Angebot, Salvador Contelles Gimeno aus dem spanischen Valencia aufzunehmen. Der 30-Jährigewar gerade im Rahmen des Förderprogramms „MobiPro-EU“ nach Sachsen-Anhalt gekommen und wollte Tischler werden. Kurzfristig gab ihm Frank Bögelsack den Zuschlag.

Mit dem Förderprogramm „MobiPro-EU“ wirbt Deutschland um Lehrlinge aus anderen EU-Ländern – vor allem aus Südeuropa. Mit der Übernahme von Kosten, unter anderem für Sprachkurse, und einer höheren Ausbildungsvergütung soll jungen Menschen ab 18 Jahren eine Ausbildung in Deutschland schmackhaft gemacht werden.

Frank Bögelsack hat den Spanier zunächst als Praktikanten aufgenommen. Seit dem 1. August ist Salvador nun Auszubildender, hat eine Wohnung in Halberstadt und fährt mit dem Zug zur Arbeit nach Langenstein. Im Betrieb macht er einen positiven Eindruck. „Er kann ein guter Lehrling werden. Ich weiß es sehr zu schätzen, dass er für die Ausbildung seine Heimat verlassen hat. Der Wille, etwas zu lernen, unterscheidet ihn von anderen Lehrlingen“, sagt Frank Bögelsack. Allein die fehlenden Sprachkenntnisse sind ein Problem - Salvador besucht deshalb derzeit an zwei bis drei Tagen pro Woche einen Deutschkurs. Frank Bögelsack gibt die Sache mit den Lehrlingen trotz aller Hürden nicht auf: „Wir leben schließlich von den Leuten, die wir ausbilden.“ (ag)

Kontakt:
Bögelsack Bau- und Möbeltischler Gesellschaft mbH
Tel. 03941 601719
Fax 03941 600199
inf@tischlerei-boegelsack.de
www.tischlerei-boegelsack.de

(Veröffentlicht im "Handwerk in Sachsen-Anhalt", Ausgabe 15-16 vom 14.08.2014.)