Betriebsnachfolgerin Viktoria Wilkens: "Ich würde mich freuen, wenn die Leute mehr Mut zur Farbe hätten."
Handwerkskammer Magdeburg
Betriebsnachfolgerin Viktoria Wilkens: "Ich würde mich freuen, wenn die Leute mehr Mut zur Farbe hätten."

Generationswechsel

Das Handschuhmacher-Handwerk steht in Deutschland auf der Roten Liste. Bundesweit gibt es höchstens noch ein Dutzend Handwerker, die Lederhandschuhe nach Maß fertigen. Die Auszubildenden der Branche konnte man in den vergangenen zwei Jahrzehnten sozusagen an einem Handschuh abzählen. 2011 schließlich wurde der anerkannte Ausbildungsberuf „Handschuhmacher“ gänzlich abgeschafft.

In Magdeburg hält eine junge Frau die Fahne des Handschuhmacher-Handwerks hoch. Sie heißt Viktoria Wilkens, ist 29 Jahre alt, angehende Wirtschaftsingenieurin für Maschinenbau und hat am 1. Januar 2013 die Magdeburger Firma C. & K. Schmidt, besser bekannt als „Handschuh-Schmidt“, von ihrem Großvater Claus Schmidt übernommen.

Zwar ist Viktoria Wilkens keine offiziell ausgebildete und geprüfte Handschuhmacherin, doch vom Handschuhmachen und speziell dem orthopädischen Handschuhmachen, versteht sie viel. „Ich bin auf dem Zuschnittstisch groß geworden und habe das Handwerk von Opa gelernt“, sagt sie. Die Gene spielen dabei sicher auch eine Rolle, denn der Umgang mit Leder ist Familientradition. Schon ihr Ur-Ur-Opa war Weißgerber, Ur-Opa Kurt war Handschuhmacher und gründete 1955 mit Opa Claus Schmidt den Familienbetrieb „C. & K. Schmidt“.

In den 1980er-Jahren war der Betrieb in der DDR Alleinhersteller für orthopädische Maßhandschuhe und beschäftigte bis zu acht Mitarbeiter. Mit der Wende kam die billigere Ware der ausländischen Konkurrenz. Die meisten Handschuhmacher überstanden das nicht, „Handschuh-Schmidt“ in Magdeburg blieb. Mit viel Engagement gewann man in den alten Bundesländern neue Kunden. Die Produktpalette wurde größer: Neben orthopädischen Maßhandschuhen werden seitdem auch modische Damen- und Herrenhandschuhe nach Maß hergestellt. Hauptauftraggeber für Viktoria Wilkens sind Menschen mit besonderen Händen – mit fehlenden oder fehlstehenden Gliedmaßen zum Beispiel, mit Prothesen oder mit besonders empfindlicher Haut. Und natürlich kommen Kunden in den Laden in der Olvenstedter Straße in Magdeburg oder melden sich per Telefon oder E-Mail, die einfach die Qualität maßgeschneiderter Handschuhe zu schätzen wissen. Je nach Naht und Material – also ob die Handschuhe aus Lamm-, Ziegen- oder Hirschnappaleder oder aus Peccaryleder (Wasserschwein) gefertigt und ob sie mit Seide, Baumwolle, Cashmere oder Lammpelz gefüttert werden – kostet so ein paar Maßhandschuhe zwischen 50 und 150 Euro.

Viktoria Wilkens bearbeitet die Aufträge gemeinsam mit Näherin Janet Gründler, Mutter Simone Wilkens hilft gelegentlich aus. Altmeister Claus Schmidt (79) hilft gemeinsam mit seiner Frau Christel (73) noch täglich in der Werkstatt. „Opa kann einfach nicht anders“, sagt die Enkelin und ist froh über die Unterstützung durch den erfahrenen Handwerksmeister, zumal sie derzeit mitten in den Studienabschlussprüfungen steckt. „Ich hätte selbst gern den Meister gemacht, aber das ist ja leider nicht mehr möglich“, sagt Viktoria Wilkens. (ag)

Kontakt:
C. & K. Schmidt
Olvenstedter Straße 15, 39108 Magdeburg
Tel. 0391 7317066
Fax 0391 60784527 
www.handschuhschmidt.de