Michael Stockmann in seiner Werkstatt
Handwerkskammer Magdeburg
Michael Stockmann in seiner Werkstatt

Von Holz, Meer und Musik ...

Hier gibt es eine Zimmerei! Das stellen Wolmirstedter auch heute noch überrascht fest, wenn sie das Schild auf dem Gelände der alten Gerberei entdecken. Zimmerermeister und Einzelunternehmer Michael Stockmann erbte 2013 das in die Jahre gekommene und vom Hochwasser stark zerstörte Gründerzeitanwesen seiner Großeltern. Seiner Familie war es wichtig, dass es in „Handwerkerhände“ fällt. Für ihn ein Glücksfall. Bereits seit fünf Generationen gibt es eine Handwerkstradition für Holzbau in der Familie: Zimmerer, Mühlenbauer und auch einen Modelltischler. Seine handwerkliche Prägung hat er aber seinem Großvater Joachim Schmidt zu verdanken, der zum einen Meister im Bürstenbinderhandwerk und zum anderen auch Obermeister im Blindenhandwerk der Handwerkskammer Magdeburg war. Die alten Werkzeuge und Maschinen hat Michael Stockmann selbstverständlich bis heute noch.

Nun saniert er Haus und Hof in Eigenregie und versucht, es möglichst „hochwasserfest“ zu machen. Die Werkstatt gibt es bereits, der Rest wird folgen. „Arbeit und Leben soll sich auch hier verbinden lassen“, so Michael Stockmann. Wann er einziehen wird, weiß er noch nicht. Regelmäßig gibt es nämlich noch zwei weitere Leidenschaften, die seine Aufmerksamkeit fordern: Wasser und Musik. Seine Affinität zum kühlen Nass entdeckte er bereits als Kind. Damals brachte er sich das Segeln auf der Elbe selbst bei.

Dann begegnete er dem Polarforscher und Buchautor Arved Fuchs. Seine Expeditionen auf den Weltmeeren und in die Polarregionen faszinierten ihn. „Ich habe ihn nach einem Vortrag einfach angesprochen und angeboten, ihn bei seinem nächsten Projekt zu unterstützen.“ Es folgten mehrere Telefonate, dann kam tatsächlich das Angebot, nach Egensund auf eine traditionelle Werft in Dänemark zu kommen.

Michael Stockmann half über mehrere Wochen, die „Dagmar Aaen“, ein besonderes Expeditionsschiff von 1931 und wie gemacht für die raue See im Norden, für die nächste Reise zu rüsten. „Ich wollte schon immer einmal Bootsbauern über die Schulter schauen. Hier ist auch traditionelles Holzhandwerkswissen nützlich.“ Zehn Crewmitglieder finden darauf Platz - er sollte einer von ihnen werden. Die Krux an der Geschichte. „In dieser Zeit hatte ich mich gerade selbstständig gemacht“, schmunzelt er. Drei Tage vor Abreise hatte er alle Anträge geschrieben, die erste Kundenakquise betrieben und mit Zulieferern gesprochen. Es folgten fünf Wochen auf See. Nie hatte er Sorge, bei heftigem Wind und Wetter auf dem Schiff zu sein. „Es ist für schwere See gebaut und ich vertraue absolut Arveds Weitsicht und dem dänischen Bootsbauerhandwerk.“ Er sieht es als Privileg, mit Arved Fuchs aufs Expedition zu gehen. „Man bereist Regionen, die man so nie zu Gesicht bekommen hätte.“ Einen finanziellen Lohn gibt es nicht – hier heißt es Hand gegen Koje. Weitere Expeditionen folgten. „Ich arbeite viel, damit ich mir diese Auszeiten nehmen kann“, sagt Stockmann. Seinen Seesack hat er immer griff bereit, darin finden sich bereits zahlreiche Gastlandsfl aggen, die ihn an seine Reisen erinnern.

Vom Meer lässt er sich gern einmal aus der Werkstatt ziehen, aber auch durch seine dritte Leidenschaft, die Musik. Mit Klavier, Gitarre und Bass weiß er umzugehen. Zudem kribbelt es ihn schon in den Fingern, wenn der Termin für das Festival „Rocken am Brocken“ im kleinen Örtchen Elend im Harz steht. Er ist bereits seit zwölf Jahren Teil des Organisationsteams. Während seiner Ausbildung nahm er an einem Austausch nach Norwegen teil. Dort lernte er nicht nur, Blockhäuser nach traditioneller Art zu bauen, sondern traf auch auf die Band „The Vineyards“, die er unbedingt nach Deutschland holen wollte – 2008 gelang es ihm. Auch sonst unterstützte er als Bandbetreuer oder beim Bühnenbau. Michael Stockmanns Leben ist immer in Bewegung. Das Meer lockt wieder. Für die nächste Expedition ist er vorbereitet, bis dahin heißt es aber erst einmal arbeiten.

Das nächste Großprojekt wird das Jagdschloss Diebzig sein. Aber in Norwegen wartet schon eine Liebhaberin auf ihn. „Frilla“ (dän. Mätresse) hat er sein eigenes Boot getauft, das er zuvor aufwendig restaurieren musste. Jetzt soll sie ihn auf den nächsten Abenteuern begleiten. Michael Stockmann bringt nicht nur Handwerk, sondern auch Musik und Meer nach Wolmirstedt. (akg)