Zwei Personen geben sich die Hand.
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Interview"Wir wollen ein starker Interessensvertreter bleiben"

Die Handwerkskammer Halle und Magdeburg begehen in diesem Jahr ihr 125-jähriges Bestehen. Im Interview die Präsidenten Thomas Keindorf und Andreas Dieckmann.

DHZ: Im Jahr 1900 wurden in Sachsen-Anhalt drei Handwerksammern gegründet. Damit begehen die Kammern in diesem Jahr ein Jubiläum.

Andreas Dieckmann: Das ist richtig. In der Staatskanzlei in Magdeburg gab es einen Ehrenamtsempfang. Uns war es wichtig zu zeigen, was den Kern der Kammerarbeit ausmacht – die handwerkliche Selbstverwaltung. Das bedeutet, die Kammern – genau wie Innungen, Verbände und Kreishandwerkerschaften – organisieren und verwalten sich unabhängig vom Staat und zu großen Teilen auf ehrenamtlicher Basis. Diese Selbstverwaltung hat in der Kammergeschichte immer eine hohe Bedeutung gehabt, und dass nun bereits 125 Jahre lang.

Thomas Keindorf:  Viele Menschen engagieren sich ehrenamtlich für das Handwerk. Zum Empfang eingeladen waren deshalb Vertreter des Ehrenamtes aus Kammern, Kreishandwerkerschaften und Innungen. Also alle jene, die ehrenamtlich für das Handwerk tätig sind, um in Ausschüssen, den Gremien oder auch im politischen Dialog für die Betrieb und deren Mitarbeiter zu handeln. Dem Ministerpräsidenten Dr. Reiner Haseloff, der auch zu Gast war, haben wir nahegebracht, dass das Ehrenamt in jedem Jahr fast zwei Millionen Arbeitsstunden erbringt, die ohne Kosten für den Staat geleistet werden. Würden also die Kammern verstaatlicht, sind das Kosten, die dann der Steuerzahler übernehmen müsste.

DHZ: In der Geschichte der Kammern gab es immer wieder Herausforderungen und besondere Momente. An welche haben Sie erinnert?

Dieckmann: Wenn man eine so lange Zeit Revue passieren lässt, ist es erstaunlich, dass es Schwerpunkte gibt, die immer wieder eine Rolle spielen. Ich denke zuallererst an Fachkräfte und ihre Qualifikation. Die Kammern und ihre Bildungszentren waren fast immer Bildungsträger und Prüfer zugleich. Wir haben mit und über Berufsschulen gesprochen und auch stets die Politik angemahnt, entsprechende Rahmenbedingungen für eine gute Ausbildung zu schaffen.

Keindorf: Herausfordernd waren beispielsweise in der DDR das Thema Material und Energie aber auch deren Preise. Hier mussten die Kammern ins Gespräch mit der Politik gehen, um klarzumachen, dass Engpässe und hohe Preise handwerkliche Existenzen bedrohen. Der Dialog mit den Landes- und Kommunalpolitikern war immer ein großes Betätigungsfeld, gerade weil es eben vor allem kleine Betriebe sind, die vertreten wurden. Und um am Rand noch ein heute kaum zu glaubendes Beispiel zu bringen: In der DDR hat die Kammer Ferienheime betrieben und Urlaubsplätze für Handwerker vergeben.

DHZ: Wohin wird der Weg der Kammern führen?

Keindorf: Ich glaube, da sind wir uns einig – als Selbstverwaltungsorgan, Bildungs- und Servicepartner der Betriebe werden die Kammern gebraucht. Oder auch als Ratgeber, denn im Moment begeben sich sehr viele Unternehmer auf die Suche nach Nachfolgern, und da unterstützen wir auf Anfrage von der ersten Planung bis zur Übergabe. Sicher werden sich für die Kammerarbeit auch Änderungen ergeben.  Sie kann digitaler und multimedialer werden. Onlineberatungen fallen mir da ein. Aber letztlich ist es doch immer der persönliche Kontakt, den die meisten Betriebe suchen, wenn sie Fragen haben. Wir sind ein Ansprechpartner in vielen Belangen und möchten das auch bleiben.

Dieckmann: Und nicht zu vergessen – wir als Kammer wollen den Zusammenhalt im Handwerk stärken. In beiden Kammern sind zusammen rund 24.000 Betriebe organisiert. In denen arbeitet jeder siebte sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer in Sachsen-Anhalt. Unser Motto „Das Handwerk – die Wirtschaftsmacht von nebenan“ ist nicht einfach so dahingesagt. Für die Mitgliedsbetriebe wollen die beiden Kammern ein starker Interessenvertreter bleiben.

Das Interview führte Jens Schumann.

Der Artikel wurde in der Deutschen Handwerkszeitung (DHZ) veröffentlicht. 

Zur Jubiläumsseite der Handwerkskammer Magdeburg:

www.125jahre-hwk-magdeburg.de