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Was gilt bei Verspätung oder witterungsbedingtem Nichterscheinen der Beschäftigten am Arbeitsplatz oder Arbeitsausfall? Arbeitsrecht bei Unwetter

Große Teile Deutschlands versinken aktuell im Schnee. Der öffentliche Nahverkehr ist teilweise eingestellt. Auch auf vielen Straßen geht nichts oder nur im Schritttempo. Gerade im Handwerk können nur die wenigsten Arbeitnehmer im Homeoffice arbeiten und einfach zu Hause bleiben. 

Was gilt hier bei Verspätung oder witterungsbedingtem Nichterscheinen der Beschäftigten am Arbeitsplatz oder Arbeitsausfall?

Recht auf verspätetes Erscheinen am Arbeitsplatz?

Arbeitnehmer müssen grundsätzlich pünktlich zum vereinbarten Arbeitsbeginn zur Arbeit erscheinen. Sie sind für das pünktliche Erscheinen selbst verantwortlich und müssen alles Zumutbare unternehmen, zum Beispiel früher aufstehen und längere Wegezeiten oder andere Verkehrsmittel einplanen, sie tritt das sogenannte Wegerisiko, selbst dann, wenn unvorhergesehene Ereignisse ein pünktliches Erscheinen verhindern. Sie müssen mögliche und zumutbare Vorkehrungen treffen, um eine Verspätung am Arbeitsplatz zu vermeiden. Dies gilt insbesondere dann, wenn es absehbar ist, dass es witterungsbedingt zu Behinderungen und/oder Verzögerungen auf dem Arbeitsweg kommen kann.

Selbstverständlich kann es aber gerade bei nicht vorhersehbaren Problemen zu Verspätungen kommen. Hier gilt grundsätzlich, dass ausgefallene Arbeitszeit nicht entlohnt werden muss. Soweit ein Zeitkonto geführt wird und Überstunden verbucht sind, kann die Verspätung entsprechen abgezogen werden. Der Arbeitnehmer hat einerseits keinen durchsetzbaren Anspruch darauf, dass er die verspätete Zeit einfach nachholen kann. Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer wiederum nicht einfach dazu zwingen, entsprechend länger über das normale Arbeitszeitende hinaus zu arbeiten.

Natürlich sollten hier immer einvernehmliche Lösungen gefunden werden, z.B. Nacharbeit oder Überstundenabbau oder im Fall besonders langer Fehlzeiten auch eine einvernehmliche Reduzierung des Jahresurlaubs.

Soweit allerdings ein Arbeitnehmer erkennbar mehrfach verspätet am Arbeitsplatz erscheint, weil er nicht willens ist, längere Wegezeiten einzuplanen, sollte dieser schriftlich über seine Verpflichtung zum pünktlichen Erscheinen belehrt und im Wiederholungsfall abgemahnt werden.

Recht auf Nichterscheinen am Arbeitsplatz?

Ein Arbeitnehmer hat grundsätzlich kein Recht auf Nichterscheinen am Arbeitsplatz, weil ihm die An- und Abreise aufgrund der Witterungsbedingungen zu beschwerlich erscheint. Allerdings haben der starke Wintereinbruch und die Kälte dazu geführt, dass manche Arbeitnehmer aufgrund der nichtgeräumten Straßen gar nicht am Arbeitsplatz erscheinen können. Soweit die dafür ursächlichen Witterungsbedingungen nicht vorhersehbar waren und der Arbeitnehmer seinen Betrieb rechtzeitig informiert, liegt kein Verschulden des Arbeitnehmers vor, insoweit kann mangels Verschulden auch keine Abmahnung oder Kündigung ausgesprochen werden. Ein Arbeitnehmer ist auch nicht verpflichtet, bereits am Vorabend anzureisen, z.B. um in der Nähe auf seine Kosten in einem Hotel zu übernachten. Allerdings entfällt auch in diesen Fällen der Anspruch auf Entlohnung.

Wenn witterungsbedingt auch im Betrieb nichts mehr geht?

Soweit aus Gründen, die nicht vom Arbeitnehmer zu vertreten sind, im Unternehmen gar nicht gearbeitet werden kann, zum Beispiel, weil witterungsbedingt Materiallieferungen ausgefallen sind, ist dieses Problem dem sogenannten Betriebsrisiko zuzurechnen. Das Betriebsrisiko trägt der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer behält seinen Anspruch auf Entlohnung.

Der Arbeitgeber kann in diesen Notfällen von seinen Arbeitnehmern, soweit diese dazu körperlich in der Lage sind, auch verlangen, nicht im Arbeitsvertrag aufgeführte Arbeiten auszuführen, zum Beispiel Schneeräumen, Aufräumarbeiten, Reinigungsarbeiten usw. Weigert sich der Arbeitnehmer, entfällt sein Anspruch auf Entlohnung. Soweit noch Resturlaubsansprüche aus dem Vorjahr bestehen, kann der Arbeitgeber für die betreffenden Arbeitnehmer auch Urlaub anordnen. Für den Urlaubsanspruch des aktuellen Jahres kommt eine einseitige Urlaubsanordnung allenfalls nur für wenige Tage in Betracht, denn ein wesentlicher Anteil des Jahresurlaubs muss für den Arbeitnehmer frei planbar bleiben. Hier erscheinen sinnvollerweise auch immer die einvernehmlichen Lösungen als die Besten. Sodann kommt bei Arbeitsausfall, der auf Extremwetterereignisse zurück zu führen ist, auch für die Unternehmen, die nicht der Saison-Kurzarbeitergeldregelung unterfallen, die Vereinbarung von Kurzarbeit und die Beantragung von Kurzarbeitergeld bei der Bundesagentur für Arbeit in Betracht. 

Peter Schrank

Abteilungsleiter Rechtsangelegenheiten/ Handwerksrolle

Tel. 0391 6268-303

Fax 0391 6268-110

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