Wolf-Dieter Wittig: In der Krellschen Schmiede in Wernigerode bewahrt er das traditionelle Schmiedehandwerk.
Ludger Heinze
Wolf-Dieter Wittig: In der Krellschen Schmiede in Wernigerode bewahrt er das traditionelle Schmiedehandwerk.

Ein Schmied mit Mission

Ein einziger Schritt von Wernigerodes bunter Einkaufsstraße über die Schwelle der alten Holztür mit der Hausnummer 95 ist wie eine Zeitreise 300 Jahre zurück. Ein Wimpernschlag und der Besucher findet sich direkt in der Krellschen Schmiede wieder. Unebener Steinfußboden, verrußte Wände aus Fachwerk und Ziegelsteinen, Feuerstelle und ganz viel Metall – Ambosse, Zangen, Hämmer, Rohmaterial, Werkstücke.

Genau so eine Schmiede suchte der 1969 in Leipzig geborene Wolf-Dieter Wittig, nachdem er seine Volksarmee- und Bundeswehr-Laufbahn beendet und 1998 eine Lehre als Metallbauer und Kunstschmied im Familienbetrieb Schrapers in Wittenburg bei Schwerin abgeschlossen hatte. Fündig wurde er zunächst im nahegelegenen Zarrentin, wo er fast zehn Jahre lang die Klosterschmiede betrieb.

Ein Eigentümer-Wechsel beendete das Kapitel Zarrentin. Wittig, mittlerweile Metallbauermeister mit diversen Schweißerqualifikationen, begab sich wieder auf die Suche nach einer alten Schmiede und landete in Wernigerode. Dort steht seit 1678 die oben beschriebene, nach ihrem Erbauer Michel Krell benannte Schmiede, die bis 1975 in Betrieb war, dann leerstand und in der Nachwendezeit als privates Schmiedemuseum fungierte. Nach einigen Restaurationsarbeiten eröffnete Wolf Dieter Wittig 2009 die Krellsche Schmiede wieder als Handwerksbetrieb und machte sie damit zur ältesten noch arbeitenden Schmiede Deutschlands.

Nicht nur für Kunden, die individuelle Schmiede-Produkte von A wie Axt bis Z wie Zunftzeichen und die Restaurierung von Schmiedearbeiten an Baudenkmälern zu schätzen wissen, sondern auch für Besucher steht die Krellsche Schmiede offen. Sie können Wittig und seinen Gesellen und Lehrlingen bei der Arbeit über die Schulter schauen und in Schmiedekursen auch selbst den Hammer in die Hand nehmen. „Wir verstehen uns als Bewahrer regionaler, traditioneller Handwerkskultur, wir wollen die Leute für unser Handwerk begeistern“, sagt Wolf-Dieter Wittig und ist für diese Mission unermüdlich aktiv – unter anderem im Wernigeröder Geschichtsund Heimatverein, im Zentrum für Harzer Kultur, im Arbeitskreis Kultur- und Kreativwirtschaft der Handwerkskammer, als Lehrlingsausbilder und als Leiter der Einsatzstelle Traditionelles Handwerk des Bundesfreiwilligendienstes Magdeburg.

Gerade hat er mit dem Zentrum für Harzer Kultur einen Antrag zur Aufnahme der Krellschen Schmiede in das Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes in Deutschland gestellt. Wolf-Dieter Wittig verspricht sich davon eine Steigerung des Kundenbewusstseins für handwerkliche Produkte, die Erschließung von Wissensressourcen über Schmiedetechniken und finanzielle Unterstützung für das traditionelle Handwerk. „Wir erhalten es, indem wir es leben. Doch leben kann man davon eigentlich nicht“, sagt der Schmiedemeister, der sich für eine Art Traditionshandwerker- Sozialkasse in Anlehnung an die staatliche Künstlersozialkasse einsetzt.

Wittigs nächstes Projekt auf seiner Mission für die Bewahrung seines Handwerks ist ein Schmiede- Atelier in einem ehmaligen Lokschuppen in der Feldstraße. Mit viel Sinn fürs Detail baut er dort derzeit aus und um. Zum Sachsen-Anhalt-Tag vom 18. bis 20. Juli in Wernigerode soll die „Brocken-Schmiede“ zum ersten Mal ihre Türen für Besucher öffnen. (ag)

Kontakt:
Wolf-Dieter Wittig
Breite Straße 95
38855 Wernigerode
Telefon 03943 557373
Mobil 0177 5675433
info@krellsche-schmiede.de
www.krellsche-schmiede.de