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Lockdown: Friseurmeisterin Kathrin Zellner richtet sich mit einem Brief an die Öffentlichkeit.Forderungen der Friseur- und Kosmetikbetriebe

Kathrin Zellner, Friseurmeisterin und Vizepräsidentin der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz, hat sich mit einem langen Brief an Politiker, Presse und Medien sowie bundesweiten Handwerkskammern gewandt und Forderungen der Friseur- und Kosmetikbetriebe aufgrund der Lockdown-Verordnungen gestellt:

"Sehr geehrte Damen und Herren,

 warum schreibe ich Ihnen heute? Da ich selber im Friseurhandwerk tätig bin, im elterlichen Betrieb arbeite, ehrenamtlich im Handwerk und der sozialen Selbstverwaltung sehr aktiv bin (bei beiden im Vorstand tätig), habe ich im Frühjahr an den SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards für das Friseurhandwerk, Kosmetik, Fußpflegeeinrichtungen und Nagelstudios und Podologie mitgearbeitet um hier auch die Praxis miteinzubringen. Persönlich bin ich sehr froh und dankbar, dass wir das Infektionsgeschehen in den oben genannten Berufen so gut im Griff haben. Dies ist auch auf die strikte Einhaltung dieser Standards zurückzuführen, welche im Übrigen auch durch die BGW Bundesweit geprüft werden und in 95 % der Überprüfungen keine Beanstandungen festzustellen sind. Genau aus diesem Grund wende ich mich heute an Sie, um Ihnen auch mal die Zahlen und Daten zu liefern:

Am 16.12.2020 mussten wir bundesweit alle Friseursalons schließen. Wir sprechen hier von 80.000 Friseursalons mit ca. 240.000 Beschäftigten. Dies haben wir auch gerne gemacht um das Infektionsgeschehen weiter einzudämmen! Nun sind 4 Wochen vergangen und das Infektionsgeschehen geht nur schleppend zurück. Eine noch längere Schließung dieser Handwerksbetriebe bringt uns in existenzielle Schwierigkeiten! Vor einigen Tagen hatte der Direktor des Instituts für Weltwirtschaft Kiel, Gabriel Felbermayr, Zweifel an der Eignung der Corona-Schutzmaßnahmen angemeldet und formuliert: „Wir können unsere Altenheime nicht schützen, aber wir schließen Friseursalons.“ Auch ich bekomme immer wieder die Rückmeldung, ob die Schließung dieser Geschäfte mit den bestehenden Hygienekonzepten gerechtfertigt ist. Die Politik muss stets gut begründen, dass die angeordneten einschneidenden Grundrechtseinschränkungen – hier die Freiheit der Berufsausübung – noch verhältnismäßig sind. Jedoch werden als Beispiel Fußballspieler und auch diverse politische Mandatsträger immer häufiger mit perfekten Frisuren, exakt eingeschnittenen Scheiteln und Konturen abgelichtet. Dies ist für uns dann noch schwerer nachzuvollziehen und der Unmut nicht nur bei meinen Kollegen/Innen sondern auch in der Bevölkerung wächst zunehmend! Dies führt dazu, dass immer mehr Schwarzarbeit in diversen Kellern ausgeübt wird und das Infektionsgeschehen nicht nachvollziehbar ist, denn in den Friseur- und Kosmetikbetrieben werden alle Daten der Kunden/Innen erfasst und dokumentiert! Somit ist eine mögliche Infektion immer nachvollziehbar, was bei der Schwarzarbeit nicht der Fall ist. Auch wird in der ganzen Sache vergessen, dass wir Menschen mit Handicaps und ältere Menschen haben, die teilweise auf sich selbst angewiesen sind und diese nicht mehr so einfach ihre Haare selber machen können. Diese sind auf unsere professionelle Hilfe angewiesen. Da gerade bei älteren Menschen nicht immer Angehörige in der Nähe sind um ihnen zu helfen benötigen gerade diese unsere Hilfe. Diese Hilferufe erreichen uns nun fast täglich!

Die Kosmetikbetriebe sind mittlerweile seit dem 2. November 2020 geschlossen und die zugesagte Novemberhilfe wird nur schleppend ausbezahlt und ob und wie die weiteren Hilfen aussehen wird noch beschlossen. Bei den Friseuren fürchtet man, dass es eventuell gar keine Hilfen gibt, da diese ja noch bis zum 15.12.2020 arbeiten konnten.

Die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards wurden bereits angepasst und diese sind seit 30.12.2020 allen Friseursalons zugegangen. Einzusehen sind diese auf www.bgw-online.de/corona-schutz-friseure und auch in den Handwerkskammern wurde diese Information zur Verfügung gestellt. Auch gibt es auf der Seite weitere Arbeitshilfen und eine FAQ-Liste zum Thema. Eine Hilfestellung für Gesellenprüfungen wurde ebenfalls erstellt und bereitgestellt.

Der BGW (Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege) zugegangene Unfallmeldungen und BK-Verdachtsanzeigen im Zusammenhang mit einer tatsächlichen oder vermuteten SARS-CoV-2-Infektion in den Branchen mit Stand 08.01.2021 lauten wie folgt:

Für das Friseurhandwerk sprechen wir von 14 gemeldeten Fällen, wovon 12 meldepflichtige Fälle waren und 2 nicht meldepflichtig. Hiervon wurden 8 Personen getestet, 7 hatten ein positives Ergebnis und 1 negatives Ergebnis. Von diesen 12 meldepflichtigen Fällen hatten 4 Fälle einen leichten Verlauf und bei 1 Fall haben wir eine vollständige Genesung.

Im Bereich Beauty und Wellness: Kosmetik (einschließlich kosmetischer Fußpflege): 3 Meldungen, wovon 2 meldepflichtige Fälle sind und 1 nicht meldepflichtig. Hierbei wurde in 1 Fall eine Testung durchgeführt mit einem negativen Ergebnis. Um auch hier den Vergleich zu haben, in 2019 gab es 64.500 Betriebe zum Stichtag 31.12.2019. (hier geht es zur Quelle)

Fazit: unauffälliges Meldegeschehen für diese Branchen.

Aufgrund der oben dargestellten Zahlen zum 08.01.2021 bitte ich Sie im Namen meiner Kollegen/Innen Ihre Entscheidung die Friseur- Kosmetikbetriebe incl. kosmetischer Fußpflege schnellst möglichst wieder zu öffnen! Die Lage ist ernst für das Handwerk und den Mittelstand! Vielen Unternehmen geht in diesen Tagen das Geld aus. Die Existenz Tausender gut geführter Betriebe steht auf dem Spiel, die unverschuldet in Not geraten sind. Es liegt an der Politik, diese Unternehmen vor dem Untergang zu bewahren. Man könnte auch darüber nachdenken, bei den Betrieben bei einer gewissen Grundfläche nur eine gewisse Zahl von Kunden einzuführen, wie es auch bei den Lebensmittelmärken bereits praktiziert wird.

Über einen Termin zum persönlichen/virtuellen Vorsprechen wäre ich Ihnen sehr dankbar und stehe für Rückfragen sehr gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen und bleiben Sie Gesund

Kathrin Zellner"