HWK Cottbus/ Lea Renner
Eckhard Stein, Vorsitzender und Präsident der Landesvertretung der Handwerkskammern Niedersachsen e.V. (3.v.r.) und Corina Reifenstein, Präsidentin der Handwerkskammer Cottbus, (2.v.r.) begrüßten Vertreter der 17 norddeutschen Handwerkskammern zur Tagung in Schlepzig. Zentrales Thema: Fachkräftesicherung unter verschärften demografischen Bedingungen.

Nordkonferenz 2025Impulse zur Fachkräftesicherung

Der Fachkräftemangel trifft das Handwerk in Norddeutschland mit voller Wucht – auch in der Altmark, der Börde, im Harz und in Magdeburg spüren Betriebe die Personalengpässe täglich.

Mit dem Renteneintritt der Baby-Boomer verschärft sich der Fachkräftemangel weiter. Die Konferenz widmete sich deshalb dem Thema „Fachkräftesicherung unter verschärften demografischen Bedingungen“ und machte deutlich: Die berufliche Bildung braucht stabile Rahmenbedingungen und praxisnahe Zugänge.

Auf der Nordkonferenz 2025 haben die Spitzenvertreterinnen und -vertreter der 17 norddeutschen Handwerkskammern zentrale Maßnahmen diskutiert, um Nachwuchs zu gewinnen und erfahrene Fachkräfte zu halten. Die Tagung fand am 17. und 18. November im Bezirk der Handwerkskammer Cottbus statt und stand unter dem Schwerpunkt: „Fachkräftesicherung unter verschärften demografischen Bedingungen“.



Praktikum als wichtigster Einstieg ins Handwerk 

Besonders deutlich wurde: Praktika bleiben einer der wichtigsten Zugänge ins Handwerk. Burghard Grupe, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Magdeburg, stellte die erfolgreiche Praktikumsprämie in Sachsen-Anhalt vor – ein Modell, das bereits viele Jugendliche motiviert, erste Erfahrungen im Handwerk zu sammeln.

Mehr zur Praktikumsprämie

Auch Brandenburg arbeitet an neuen Wegen: Die Handwerkskammer Cottbus präsentierte eine geplante landesweite Praktikumsplattform, über die Betriebe und Jugendliche leichter zusammenfinden sollen.



Jugendliche erreichen: Social Media, Camps und kreative Formate

Wie Betriebe junge Menschen erreichen können, zeigten Beispiele wie Sommercamps, Real-Live-Formate und kreative Kampagnen unter dem Hashtag #hANDWERgOESsOCIAL.

Praxisberichte – etwa von der WVG Wärmeversorgungsgesellschaft Cottbus und der Bäckerei Wahn – belegten: Erfolgreiche Nachwuchsarbeit braucht Zeit, Kontinuität und Unterstützung.

Für Handwerksbetriebe im Norden Sachsen-Anhalts bedeutet das: Erlebnisorientierte Formate und Social Media werden immer wichtiger, um Jugendliche anzusprechen.



Inklusion und Integration: Potenziale nutzen

Die Handwerkskammer Cottbus stellte erfolgreiche Beispiele inklusiver Ausbildung vor, während die Handwerkskammer Hildesheim-Südniedersachsen das Projekt IFHa präsentierte – ein Modell, das zeigt, wie Integration durch klare Strukturen und individuelle Begleitung gelingt.

Besonders für Betriebe im Land bedeutet das: Gezielte Sprachförderung, niedrigschwellige Einstiege und verlässliche Verwaltungsverfahren entscheiden darüber, ob Integration gelingt.



Studienzweifler als Zielgruppe fürs Handwerk

Eine weitere Gruppe rückt stärker in den Blick: Studienzweifler und Studienabbrecher.
Nach Einschätzung von Dr. Tobias Roeder (LHN) bieten sie großes Potenzial – allerdings nur, wenn Hochschulen ihre Beratung anpassen und berufliche Wege stärker berücksichtigen.

Für das Handwerk im Norden heißt das: Zielgruppengerechte Ansprache und schnelle Einstiegsangebote werden wichtiger.



Frauen im Handwerk gewinnen und halten

Katja Mikus (Handwerkskammer Hannover) zeigte, wie gezielte Maßnahmen auf Kammerebene die Ansprache und Bindung von Frauen in handwerklichen Berufen verbessern können.

Dabei stellte sie jedoch grundsätzlich klar, dass die Kinderbetreuung gerade für junge Frauen einen maßgeblichen Rahmenfaktor darstellt.



Gemeinsame Botschaft der Nordkonferenz: Fachkräftesicherung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe

Es wurde wieder deutlich, dass nach wie vor Fachkräfte fehlen werden – auch um die gesetzten Klimaziele 2035 zu erreichen. Zudem erfordern 2,9 Millionen junge Menschen ohne Ausbildungs- oder Studienabschluss das entschlossene Handeln der Politik.

Alle 17 Handwerkskammern appellieren geschlossen an Bund und Länder, die Rahmenbedingungen für berufliche Bildung deutlich zu stärken.

Die wichtigsten Forderungen der Nordkonferenz:

Mehr praxisnahe Berufsorientierung

  • verbindlicher Werkunterricht in Grundschulen
  • bundesweite Einführung der Praktikumsprämie (Vorbild Sachsen-Anhalt)

Erfolgreiche Inklusion sichtbar machen

  • Best-Practice-Beispiele öffentlich auszeichnen
  • Unterstützungsprogramme bekannter machen

Integration Zugewanderter stärken

  • gezielte Sprachförderung
  • Ausweitung der Ausbildungsduldung auf die Einstiegsqualifizierung (EQ)
  • einheitliche Verfahren in allen norddeutschen Ländern

Mehr Frauen für das Handwerk gewinnen

  • klischeefreie Berufswahl in Schulen
  • Projekte der Kammern unterstützen
  • flächendeckende Kinderbetreuung sicherstellen

Berufliche und akademische Bildung gleichwertig fördern

  • bessere Infrastruktur für berufliche Bildung
  • attraktive Rahmenbedingungen (z. B. flächendeckendes Azubi-Ticket)


Fazit: Handwerk braucht Menschen, die mit anpacken

Die Nordkonferenz zieht ein klares Fazit:

Das Handwerk zeigt jeden Tag, dass es Lösungen schafft – für Energiewende, Digitalisierung und regionale Versorgung. Damit das so bleibt, braucht es Menschen, die mit anpacken. Politik, Bildungseinrichtungen und Betriebe müssen an einem Strang ziehen.

Für Betriebe im Norden Sachsen-Anhalts heißt das:

Jetzt ist der richtige Moment, sich aktiv zum Thema Berufsorientierung, Praktikumsangebote und der Integration einzubringen!



Hintergrund: Die Nordkonferenz repräsentiert den Verbund von 17 Handwerkskammern der Bundesländer Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt (Handwerkskammer Magdeburg) sowie Schleswig-Holstein. Sie vertritt ca. 240.000 Betriebe und knapp 1,32 Mio. Beschäftigte, die einen Umsatz von fast 161 Mrd. Euro erwirtschaften. Die Geschäftsstelle der Nordkonferenz ist bei der Landesvertretung der Handwerkskammern Niedersachsen angesiedelt.